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marie: akzeptieren, ja. neidlos, ja. ohne Bitterkeit, ja, ohne wut im bauch, ja. ohne eigenes herzweh: wohl eher nein. aber ich kann meine eigenen Gefühle doch nicht dem anderen zum Vorwurf machen, oder? wenn der andere anders empfindet als man selbst ist das immer schwer, damit auf gute weise umzugehen ist aber meine Angelegenheit, nicht die des anderen.

natürlich kann man das einfach so hinnehmen und "stark" sein.. aber toll findet man es dann ja doch nicht und niemand wird sich das freiwillig antun wollen? darum halte ich die lebensform "offene beziehung" für problematisch. wobei natürlich klar ist, dass es auch mit dem treue-versprechen oft nicht viel besser läuft.
und tom, die geschichte mit dem mann der bei seiner frau nicht mehr darf und nicht die familie aufs spiel setzen will.. und sie von ihm weiterhin treue verlangt. das geht natürlich nicht. und das ist dann wieder die geschichte mit der benachteiligung des mannes im scheidungsfall... wäre das nicht so, würde er seine kinder nehmen und zu einer neuen ziehen... das geht aber nur für die frau.

für mich ist genau diese frage das "herz" vom thema: man wünscht sich etwas, man stellt sich es vor, wie es wäre, wenn man könnte... aber das können ist die schwierigkeit. einverstanden, livanto, aber was machen, wenn die barrieren doch zu hoch sind? damit kämpfen eben so viele leute und schaffen es auch deshalb nicht, diese wunsch-vorstellung der liebe ohne zwang zu erfüllen. das stimmt, schon mal das bewusstsein, dorthin zu wollen, ist sehr mächtig und kann wunder bewirken.. nicht zuletzt "gewinnt" die person extrem viel für sich. es braucht viel arbeit, viele auseinandersetzungen ohne erfolgsgarantie, so ist das scheuen vieler menschen verständlich, die eher sicherheit suchen (auch wenn das nicht mehr garantie mit sich bringt). am schluss ist jeder mensch auf seinem weg und gibt hoffentlich sein bestes. vielleicht hat dieses modell wie es tomluethi beschreibt, eine zukunft, vielleicht werden noch ganz andere modelle auftauchen..

livanto: kannst du das? muss man das können? meiner erfahrung nach geht es schon, wenn alle beteiligten sich wahnsinnig bemühen um fairness und ehrlichkeit, und um das sein zu können ist es notwendig die dinge zu durchleuchten, dafür braucht es gespräche und zeit, und damit komme ich wieder zu meinem stand der dinge: das ist etwas für arbeitslose. alle anderen haben schlicht nicht die zeit, dem gerecht zu werden. und wenn man nicht viel zeit hat, dann bräuchte man eine gute portion abgebrühtheit und wahnsinniges selbstwertgefühl um nicht ins schleudern zu geraten. das haben nunmal die wenigsten von uns. und diese selbstlosigkeit hat auch nur der dalai lama. man kann das anstreben, ebenso wie allen immer in liebe zu begegnen. ich persönlich bin einfach keine heilige. hey wir sind menschen. gier und wollust und so

...und weils so schwierig anzunehmen ist, wird dem liebsten Gegenüber mit einer moralischen Fessel lebensnotwendige Bewegungsfreiheit genommen.
Auch wenn wir noch nicht wissen wie - davon müssen wir uns doch einfach lösen wollen. Was, ausser egoistischer Trennungsangst hindert uns daran?

akzeptieren, ja, neidlos und ohne Bitterkeit, ohne Wut im Bauch , Herzweh ? Keine Verletzung spürbar? Kann und kann dies nicht glauben, ist für mich Verdrängung ins "lieb-sein-wollen".

so schwer es zu (er-) tragen ist: im großen und ganzen, ja.

@mary sag, würdest, könntest du ? Bist du dir sicher ? Letzte Umarmung: "ich wünsche dir alles Glück auf Erden?" hmm? Glaube ich niemandem, ausser, er ist froh, erlöst zu sein, sogar dankbar, dass die Entscheidung gefallen ist. Wir sind keine Göttinnen, Götter, und Heiligenscheine tragen wir auch keine.

es ist nie easy, kristallin, wenn es um liebe geht. und ja, es lässt vorsichtig werden, - nicht unbedingt ein Nachteil, finde ich. Trotzdem ist es möglich, dem Menschen, den man liebt, auch im Moment der Zurückweisung noch von ganzem Herzen alles Glück der welt für sein Leben zu wünschen. wenn ein anderer Mensch für sich eine Entscheidung trifft, bleibt einem nichts anderes übrig, als diese zu akzeptieren und den eigenen weg in eine andere Richtung einzuschlagen. was nützt es, zu verzweifeln? es geht immer wieder weiter.

"die Tapferkeit, ohne Vorwurf denken zu können, dass der Partner vielleicht glücklicher wird ohne uns": Und wenn das jemand tatsächlich erlebt und durchgemacht hat, glaubt ihr wirklich, der sagt dann: "hey toll, das ist ja vollleasy!! no problem!!" Nein, das denkt er eben nicht, sondern er wird vorsichtig in der liebe werden. Denn tapferkeit braucht ein starkes herz.

wenn der eine neu verliebt ist, der andere ihn deswegen verlieren muss, seid ihr wirklich so sicher, dass der nun einsame, dem andern sein Glück gönnt? Glaube ich nie,da macht der sich etwas vor, will vielleicht noch nach schicken, dass er die beste, der beste war ? nein, so altruistisch sind wir menschen nicht, dies wäre ein spiel und würdelos.

die Tapferkeit ohne Vorwurf zu denken, dass der partner ohne einem glücklicher sein könnte. .. puh, das ist wohl eine der größten Herausforderungen überhaupt. da heißt es nämlich, ganz viel zu überwinden an egoistischen Gefühlen, die da in jedem selbst schlummern... das Gefühl, dem partner nicht zu genügen und Zurückweisung zu erleben ist für jeden Menschen schwierig zu ertragen. wenn man in solchen Momenten der Tapferkeit gegenüber der verletzten innenwelt den Vorzug geben kann, zeugt das wohl von wahrer Größe.

max frisch, ein sehr kluger mann. nicht umsonst ein gefeierter denker der Neuzeit. Danke für die letzten paar Beiträge, die mir bestätigen, dass es doch auch Menschen gibt, die in eine ähnliche Richtung denken wie ich.

max frisch hat in stiller zu diesem thema etwas sehr kluges geschrieben:
"(...) Mein Staatsanwalt hält die Ehe (offenbar haben ihn gewisse Erfahrungen daran zweifeln lassen) für durchaus möglich, wenn auch schwierig. Natürlich meint er die wirkliche, die lebendige Ehe. Zu den Voraussetzungen rechnet er unter anderem: das beidseitige Bewusstsein davon, dass wir kein Anrecht haben auf die Liebe unseres Partners; die lebenslängliche Bereitschaft für das Lebendige, selbst wenn es die Ehe gefährdet, und also eine immer offene Tür für das Unerwartete, nicht für Abenteuerchen, aber für das Wagnis; in dem Augenblick, wo zwei Partner glauben, einander sicher zu sein, haben sie sich meistens schon verloren. Ferner: die Gleichberechtigung von Mann und Frau; Verzicht auf die Meinung, dass die geschlechtliche Treue hinreiche, und ebenso auf die andere Meinung, dass es ohne geschlechtliche Treue überhaupt keine Ehe gebe; eine möglichst weitgehende und lautere, nicht aber rücksichtslose Offenheit in allen Nöten dieser Art. Und wichtig scheint ihm auch der gemeinsame Mut gegenüber der Umwelt; ein Paar hat bereits aufgehört ein Paar zu sein, wenn einer der beiden Partner oder beide Partner sich mit der Umwelt verbünden, um den anderen Partner unter Druck zu setzen; ferner die Tapferkeit, ohne Vorwurf denken zu können, dass der Partner vielleicht glücklicher wird ohne uns; ferner die Fairness, nie dem Partner einzureden oder sonst wie glauben zu machen, dass sein Austritt aus der Ehe uns töten würde usw. (...)"
ich denke, es ist ein schmerzhaftes eingeständnis, dass man dem partner vielleicht nicht alles sein kann, dass man nicht alle seine bedürfnisse befriedigen kann, dass der partner mit jemand anderem etwas findet, was er in der beziehung vermisst.
es erfordert sicher "tapferkeit", dies dem partner nicht zum vorwurf zu machen; letztlich weiss ich jedoch nicht, wie eine (lebens-)lange, erfüllte partnerschaft anders funktionieren könnte.

Wir leben in einer Partnerschaft und in uns schlummern Seiten, die durch Eine oder Einen berührt werden. Sie lagen brach, nun wurden sie geweckt, und schon sind wir neu verliebt. Wie geht es weiter? Nun schlummern die einst gelebten, erweckten. Die Illusion : alles neu macht der Mai ! Und wiederholt sich, weil wir nie ein Ganzes geschenkt bekommen, uns immer wieder begnügen müssen. Die Treue ist anstrengend, ja, jedoch die Untreue auch. Letztere, wenn sie hintenrum geschieht, nicht nur den einen Menschen, nein ihrer 2 verrät, in diesem 3-er-Pack. Wie geht es uns dabei, wie den Betrogenen, und denen, die meinen, gewonnen zu haben? Kommt die Trennung, der Neuanfang, und was erleben wir? Nichts Neues nein, nichts Besseres, wir bleiben, wer wir sind. Wiederholung.