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Claudine_B

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Meine Stadt Zürich
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Bin ich erfolgreich?

Bin ich erfolgreich?

Züri-Fäscht. Samstagabend. RiesigeMenschenmassen bewegen sich im Schneckentempo durch die Zürcher Innenstadt.Dicht gedrängt. Ich mittendrin. Eine unter (sehr) vielen. Mit etwas Glück findeich doch noch einen Platz an einer edel anmutenden Bar, an der ich dochmindestens 2m2 für mich alleine beanspruchen darf. Immerhin. Ichatme auf. Aber nur kurz, denn gleich stockt mir der Atem: Der Mann neben mir,mittleren Alters, bezahlt gerade lässig die bestellten Drinks, indem er inseine Hosentasche greift und daraus ein Bündel Banknoten herausholt – alles 200Franken-Noten. Meine Augen werden gross und ich bin beeindruckt. Dieser Mannist sicher erfolgreich; er hat es geschafft! Oder vielleicht doch nicht? Undwas ist mit mir? Bin ich erfolgreich? Wie eigentlich definieren wir Erfolg?Für uns? Für die anderen? In der hiesigen Welt – allen voran in der Zürcher Finanzmetropole– wird der Erfolg an der Summe des Geldes gemessen, die auf unserem Bankkontoliegt, an unserer Lohnsumme und nicht zuletzt an den Wertgegenständen, Fahrzeugenund Immobilien, die wir uns mit diesem Geld anschaffen. Ein erfolgreicherMensch ist in unserem Volksmund ein reicher Mensch. Aber wie reich ist so einMensch wirklich? Was können wir uns heute mit Geld alles kaufen, das unswirklich in unserem Herz und ganz tief in unserer Seele glücklich macht?Nichts. Rein gar nichts. Diese ach so (erfolg)reichen Menschenverdienen nicht unsere Bewunderung, sondern eher unser Mitleid. Worin liegt dieErfüllung, sich tagtäglich unzählige Stunden in einem (Finanz-) Jobabzustrampeln, nur um mit dem schwer verdienten Geld Dinge zu kaufen, die mannicht wirklich will, um damit Leute zu beeindrucken, die man nicht wirklichmag? Die Seele geht dabei mit Sicherheit zugrunde; sie stirbt jeden Tag einStück, ihr Besitzer auch und seine Beziehungen zu anderen Menschen sowieso. Woliegt hier der Sinn des Ganzen? Was ist der Grund für das über-kompetitiveVerhalten nach dem ausgelaufenen Modell „survival of the fittest“? Weil nur dieStärkeren überleben? Stimmt diese Überlegung überhaupt noch? Hat sie jemals derWahrheit entsprochen? Ich wage es zu bezweifeln. Wir leben zurzeit in einer Welt, inder die meisten von uns glauben, dass es nicht genug hat. Nicht genug von allem:Geld, Zeit, Liebe – um hier nur die drei meist genannten einer sehr langenListe zu nennen. Unsere Gedanken kreisen endlos um diese Mangelgedanken, ja,unser Tag fängt bereits damit an: Wir hatten zu wenig Schlaf, wir haben zuwenig Zeit für unser Frühstück, zu wenig Platz im Tram, zu wenigVorbereitungszeit für das frühmorgendliche Meeting, zu wenig Zeit, um unserMittagessen gemütlich einzunehmen…. Und abends haben wir dann zu wenig Energie,um uns noch einige Minuten eines guten Buches zu gönnen, bevor wir am nächstenTag wieder mit den „zu wenig“-Gedanken aufwachen. Ein aussichtsloser Kampf imHamsterrad, in dem wir uns tagtäglich drehen. Und das Schlimme dabei ist: Jemehr wir uns abstrampeln, desto schneller dreht sich das Rad und desto erschöpfterund unglücklicher werden wir. Das einzige, was dabei zunimmt, ist im bestenFall unser Bankkonto, im schlechteren Fall die Anzeige der Waage, weil uns beider ganzen Abstrampelei die Zeit für Sport fehlt. Ist das die Definition vonerfolgreich? Für mich bestimmt nicht. Um aus diesem Teufelskreis des immer mehrWollens herauszukommen, braucht es nur eines: Die Einstellung in unserem Kopfzu ändern; den Glauben loslassen, es habe nicht genug für uns alle und wirmüssten um unser Glück und unseren Reichtum kämpfen.  Wenn wir den Drang loslassen, immermehr von dem zu wollen, was wir nicht wirklich brauchen, bringt das einenganzen Ozean an Energie in uns frei, um einen Unterschied in dieser Welt zumachen mit dem, was wir gerade jetzt zur Verfügung haben. Wenn wir einenUnterschied machen und die Welt zu einem besseren Platz wird durch das, was wirzum jetzigen Zeitpunkt haben und mit den anderen Menschen teilen, wird sich unserBesitz ausweiten. Vielleicht nicht der Besitz im monetären Sinne, an den jetztwohl viele Leser denken. Jedoch mit Sicherheit unser Reichtum an innererZufriedenheit, Erfüllung, wertvollen Freundschaften, bereichernden Begegnungenmit wildfremden Menschen und ein Gefühl von Liebe und Frieden in unseremHerzen. Wenn ich nach einem halben Schuljahr„Kampf“ mit einer anspruchsvollen, aufsässigen, pubertierenden jungen Frau vonihr einen Händedruck erhalte, ein (ehrlich gemeintes) Lächeln und einDankeschön, sie habe viel (Zwischenmenschliches) von mir gelernt in dieserZeit, dann ist dies für mich bei weitem viel wertvoller, bereichernder underfüllender als alles Geld der Welt, denn ich weiss: Ich mache die Welt zueinem besseren Platz, mit den Talenten, die mir heute zur Verfügung stehen undin dem Umkreis, in dem ich gerade jetzt in meinem Leben stehe. Mehr braucht esdazu nicht. Ich kann wunderbar und nachhaltig mit einer brasilianischenPutzfrau in einem Schulgebäude über die Macht der positiven Lebenseinstellungphilosophieren und danach sind wir beide inspiriert, unsere Ziele weiterzuverfolgen.Solche Begegnungen erfüllen und bereichern mein Leben, machen es interessantund farbenfroh. Bin ich erfolgreich? Ja, für ichpersönlich und aus meiner Sicht der Dinge. Jede und jeder von uns darf sichdiese Frage natürlich selbst beantworten. Am besten ehrlich. Eines ist jedoch sicher: Wenn wiretwas erreichen wollen in unserem Leben, auf das unsere Nachkommen einmal stolzsein können, das sie inspiriert und ermutigt, aus ihren angestammtenDenkmustern auszubrechen und die Welt zu verändern, dann genügt es nicht, ihnenhierzu ein volles Bankkonto zu präsentieren. Monetäre Anreize und Zielemotivieren nur kurzfristig, höchstens mittelfristig und werden schlussendlichnur auf Kosten anderer Mitmenschen und auf Kosten der eigenen Gesundheit unddes Seelenfriedens erreicht.  Unbezahlbar sind Zeit, Liebe, einoffenes Ohr, eine helfende Hand und ein ermunterndes Lächeln im richtigenAugenblick. Wenn wir all dies auf unseren Prioritätenlisten ganz zuoberstplatzieren, haben wir bereits den ersten Schritt zu einem besseren,erfolgreichen Leben für uns alle gemacht.